Sascha Praet
MATERIAL: GIPS UND TROPFENDES WASSER
Gips ist ein beliebter Werkstoff. Er ist in großen Massen vorhanden, leicht erhältlich und gut zu verarbeiten. Man kann ihn in Pulverform kaufen, man findet Gips aber auch als große Kristalle. Die größten sind 14 Meter lang und befinden sich in der „Mine von Naica“ in Mexiko. Um pulverförmigen Gips herzustellen muss man ihn mahlen und brennen. Dadurch verliert er sein „Kristallwasser“. Mischt man Gips wiederum mit Wasser an, nimmt er Wasser auf, nadelförmige Kristalle wachsen und verfilzen dabei so, dass sich eine stabile Masse aushärtet. Diesen Vorgang nennt man „Abbinden“ und er erfolgt innerhalb von 7 bis 30 Minuten. Die Stabilität des ausgehärteten Gips ist von vielen Faktoren abhängig. Aus handwerklicher Sicht gibt es genaue Vorgaben zum Anmischen. So wird Gips immer in das Wasser gegeben, nie umgekehrt. Auch das Mischungsverhältnis muss eingehalten werden.
In meinen Experimenten mit Gips habe ich die- se Vorgaben nicht eingehalten. Bildet sich normalerweise bei der Vermischung von Wasser und Gips eine modellierbare Masse, so konnte ich durch eine unkonventionelle Zuführung des Wassers andere Strukturen und Formen finden. Wichtig war, dass sich das Gips durch seine innere Struktur selbst formen konnte. So habe ich z.B. gefrorenes Wasser in unterschiedlichen Mengen und Formen in Gipspulver gelegt. Auf diese Weise wurde das Wasser teilweise oder ganz vom Gips absorbiert und die Form der Eises bildete sich im festen Gips ab. In anderen Versuchen wurde dem Gips langsam über einen Tropf oder über eine Schnur Wasser zugeführt. Die Resultate unterschieden sich sehr in ihrer Ausformung und Stabilität. Da Gips auch im nassen Zustand abbindet (teilweise sogar unter Wasser), ließ sich durch Variationen in der Zeit in der eine bestimmte Menge Wasser zugegeben wurde, viele unterschiedliche Resultate erzielt.
Ergebnis dieser Experimente ist eine aktive Installation, die das Thema Zeit aufgreift. Über ein Pendel wird Wasser auf eine Fläche von einem Quadratmeter, bedeckt mit Gips, getropft. Sind die Stellen, die mit dem Wasser abgebunden sind, fest geworden, wird das übrige Gips abgesenkt und gibt so die innere Struktur des Gipses frei. Dies passiert in mehreren Schritten und die vorhergehenden Ausformungen beeinflussen
die Folgenden.