Interface Design Mailingliste: [Interface] Intuitive Software Interfaces (Re: Die Facetten des Interface-Designs)

Autor: Marian Steinbach (marian_at_ds.fh-koeln.de)
Datum: Don 27 Sep 2001 - 11:22:48 CEST



Claus Cyrny wrote:

>... Ich wünsche mir
>Interfaces, die viel "intuitiver" zu bedienen sind, wie z. B. dieses
>Interface bei Caltech (http://www.cs.caltech.edu/~ss/sdraw/),
>das glaube ich von Michael gepostet wurde. Ich glaube, daß die
>ansteigende Informationsflut anders als intuitiv gar nicht mehr zu
>bewältigen ist (und, anspruchsvoll, wie ich bin :), wünsche ich mir
>auch einen gewissen Grad der "Selbstorganisation"). Konkret
>überlege ich mir, wie ich meine Bookmarks intuitiver verwalten
>könnte (so etwas ähnliches wie http://www.visualthesaurus.com/ ).
>Ich stelle mir ein Interface in Java vor, das nach Themen"räumen"
>die einzelnen Links automatisch gruppiert und vielleicht auch
>die Verbindungen aufzeigt. Toll wäre es auch, wenn neue Links
>automatisch integriert würden. Wenn der Bookmark-File wie bei
>mir die 350k-Grenze überschreitet, wird es langsam schwer, den
>Überblick zu behalten ("Wooo war dieser Link nochmal???).
>

Hallo!

Das Stichwort "intuitiv" ist in den letzten Jahren im Software Interface Design stark strapaziert worden. Besonders mit der Verbreitung des PCs und Software hin zu privaten Anwendern ist berechtigter weise die Forderung nach einfach zu bedienenden Softwares laut geworden. Das Stichwort "intuitiv" fällt dabei unweigerlich.

Ich finde das Wort nur bedingt geeignet, um das zu beschreiben, was ich von einer Software (denn wir sprechen hier momentan praktisch nur von Software, glaube ich) erwarte.

Intuitiv bedeutete für mich, dass eine Software sich voll auf mich als Benutzer einstellte. Sie solle wissen, wie ich mich gerade fühle, auf meine Haltung und Stimmung eingehen. Sie solle erahnen, was ich jetzt vorhabe und mir dafür die angenehmsten Methoden vorschlagen. Sie solle lernen, dass ich Fehler mache, um diese vorauszusehen und zu vermeiden.

Hups, mir scheint, als wolle ich, dass meine Software ein mensch sei.

Ist das nicht ein bisschen viel?

Ich finde, das ist eine ganze Menge. Denn dafür müssten Softwares mit menschlicher Intelligenz ausgestattet werden, oder mit etwas, was menschliche Intelligenz imitiert. Die Forschung ist sich leider noch nicht einig, was menschliche Intelligenz ist, geschweige denn, wie man sie imitiert oder künstlich erzeugt.

In diesem Wissen versuchen große Softwarefirmen (Microsoft voran) eben so weit an obige Attribute heran zu kommen, wie es der aktuelle Stand der Kenntnisse, die Wirtschaftlichkeit und die Rechenkapazitäten eben zulassen. Das Ergebnis sind kleine, lästige "Assistenten" vom Typ Karl Klammer (der erahnen soll, was ich geraade erfolglos probiere). Oder Menüs, deren Inhalt nach längerer Nichtbenutzung verschwindet (also eine auf Stochastik beruhende Anpassung auf mein bisheriges Verhalten oder  Nicht-Verhalten).

Diese Lösungen haben mindestens so viele Nachteile wie Vorteile und werden in der HCI Community kontrovers diskutiert.

Software ist meines Erachtens primär als Werkzeug zu verstehen. Ich persönlich bin froh, wenn eine Software meine Arbeitsabläufe unterstützt und mich nicht, wie das viel zu häufig der Fall ist, darin behindern.

Fraglich ist für mich, ob die obigen Beispiele tatsächlich Werkzeuge sind, oder nur technologische Demonstrationen bzw. Experimente mit Visualisierungsformen. Der Visual Thesaurus unterstützt etwa eine Funktion: Das unscharfe Stöbern in einer großen Menge von Objekten. Das "Surface Drawing" unterstütz ebenso eine einzelne Funltion: Das ungenaue Modellieren eines dreidimensionalen Körpers.

Für eine plakative Demonstration auf einer Messe sind beide gleich gut geeignet. Aber lösen sie wirklich Probleme?

Meine 5 (europ.) Cent.

Gruß vom

Marian



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