Interface Design Mailingliste: Re: [Interface] Die Facetten des Interface-Designs

Autor: Michael Wolf (wolf_at_formlos.com)
Datum: Don 27 Sep 2001 - 13:30:40 CEST



am 26.09.2001 19:43 Uhr schrieb Oliver Wrede unter oliver.wrede_at_web.de:

> Es ist daher das Anliegen der Aktivitäten rund um das Thema
> "Designforschung" die Entwicklung von Design-Know-How wieder im
> Zentrum der Designprofession anzusiedeln.

Wie könnte das aussehen, ohne "Zweitverwerter wissenschaftlicher Erkentnisse" zu werden. Auf Olivers sieben Ebenen übertragen hieße das, Designforschung müsste gleichzeitig Physiologie (1.), Neurologie, Kognitionswissenschaften (2.), Psychologie (3.), Semiotik, Kommunikationswissenschaften (4.), Soziologie (5.), Kulturwissenschaften (6.) und Ästhetik (7.) vereinen. Ich stimme Oliver bei dieser Liste zu, ich habe keine Lücken gefunden.

> Es gibt hierbei zwei Positionen: eine, die Designforschung für den
> Fortbestand der Profession als notwendig ansieht, eine andere, die im
> Fortbestand einer Profession nach dem Muster traditioneller
> Wissenschaftszweige garnicht als erstrebenswert erachtet.

Ich denke, es wird mit Position 1 weitergehen und schließlich in Position 2 überleiten. Das Design spielt in dieser Beziehung die Rolle des Interfaces. Schon bei Olivers 7-Ebenen-Liste fällt auf, dass die scheinbar einzelnen (einzeln genannten) Gebiete ineinander verwoben sind. Kognitionsforschung geht nicht ohne Psychologie, Ästhetik nicht ohne Kulturwissenschaften, etc.. Anstelle von Ebenen zu sprechen sollten wir eher einen Begriff wie Komponenten oder Teilbereiche verwenden. Ich glaube, dass vielerorts die Notwendigkeit, Wissenschaftsbereiche wieder zusammenzuführen (theoretisch) Konsens ist. Bei diesem Prozess spielt das Design eine Schlüsselposition, weil es sich selbst immer weniger disziplinieren lässt und Verknüpfungen in angewandten (!) "Experimenten" aufzeigt und fordert. Im nächsten Schritt könnten sich dann die genannten Wissensgebiete auflösen um sich schließlich "Problem-orientiert" neu zu formieren. Auch das Design sollte es dann nicht mehr geben.

Zuück zum Interfacedesign: Claus schrieb:

> Ich stelle mir ein Interface in Java vor, das nach Themen"räumen"
> die einzelnen Links automatisch gruppiert und vielleicht auch
> die Verbindungen aufzeigt.

Hier liegt die Problematik im Wort "automatisch". Eigentlich erwarten wir von der Maschine (oder vom Interface), dass sie mitdenkt. Um so ein Problem adäquat zu behandeln, müssen wir zwangsläufig studieren, wie unser Denkapparat funktioniert. Wir müssen uns mit neuronalen Netzen und Theorien eines Dr. Wolf Singers beschäftigen, wenn wir nicht wie Philipp an anderer stelle schon sagte, "hinterhereiern" wollen.

Eine andere Frage ist, in wie fern die Arbeit eines Dr. Wolf Singer durch die Arbeit eines Interfacedesigners profitieren kann. Wir können nicht mal eben Neurologie studieren. Aber vielleicht können wir durch "unwissenschaftliche (?)" Methoden und Verknüpfungen zu anderen Bereichen freier experimentieren als tradierte Wissenschaftler und haben deshalb eine Chance neue Impulse zu geben.

Gruss, michael


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