Interface Design Mailingliste: Re: [Interface] Re: Desinformations-Design

Autor: Oliver Wrede (oliver.wrede_at_web.de)
Datum: Mon 05 Mai 2003 - 23:25:27 CEST


Zu der Irak-Thematik und der Des-Information empfehle ich den Besuch (oder auch die Mitwirkung, wenn es gestattet ist) an dem Seminar »Telekratie«:

http://seminare.design.fh-aachen.de/telekratie/

Gruss,
Oliver Wrede

Am Montag, 05.05.03 um 20:55 Uhr schrieb Marian Steinbach:

> Hallo!
>
> Claus Cyrny wrote:
>>> Hi.
>>>
>>>> Jetzt wieder klarer. Ich bin ein verfechter der Verdeutlichung von
>>>> Informationen durch mediale Mittel. In der Form, wie es während
>>>> dieses Irakkriegs geschehen ist, halte ich es aber für eine Form
>>>> der Desinformation und der Vertuschung von eigentlichem Unwissen.
>> Kannst Du dazu ein Beispiel geben?
>
> Ja. http://www.cnn.com/SPECIALS/1998/iraq/iraq.maps/key.locations/
>
> Dabei besonders interessant ist die Übersicht "Biological Weapon's
> Sites", also "Standorte der Biowaffen". Merke: Bis heute ist es den
> USA nicht gelungen, an diesen oder anderen Orten im Irak Biowaffen zu
> finden.
>
> Oder
> http://news.bbc.co.uk/1/shared/spl/hi/middle_east/02/iraq_navigator/
> html/default.stm
>
>> Zum Thema "Irakkrieg"/Infografiken fällt mir ein:
>> 1.) Infografiken vereinfachen stark.
>
> Dem würde ich zustimmen.
>
>> 2.) Sie lösen bestimmte Details aus einem gegebenen (hier: komplexen)
>> Zusammenhang heraus. Indem dieser Zusammenhang nicht mehr sichtbar
>> wird,
>> verzerren sie die Realität.
>
> Kann sein, dass ich dem zustimme.
>
>> 3.) Infografiken sind von Natur aus statisch. Dynamischen Vorgängen
>> wie einem Krieg können sie daher zwangsläufig nicht gerecht werden.
>
> Dem stimme ich nicht zu. Infografiken sind nicht "von Natur aus"
> statisch, denn sie sind nicht "von Natur aus". Sie sind ein kulturelle
> Artefakte. Einige agyptische Hieroglyphen können durchaus als frühe
> Infografiken verstanden werden. Und obwohl sie in Stein gemeißelt oder
> auf Papyrus gepinselt waren, konnten sie durch die Aneinanderreihung
> eine gewisse Dynamik gewinnen. Zumindest können sie sich mit dem Maß
> an Dynamik messen, das einige der Klickmich-Karten in der heutigen
> Presse bieten.
>
>> 4.) Ob Infografiken desinformieren oder nicht, wird IMHO über den
>> Zusammenhang deutlich, in den sie gestellt bzw. in dem sie präsentiert
>> werden (ich glaube a priori Infografiken von CNN beispielsweise
>> überhaupt nicht, da CNN meiner Meinung nach *das* US-Propaganda-
>> instrument schlechthin ist).
>> 5.) Als Nachgedanke: Nicht so kritische Rezipienten können vielleicht
>> durch Infografiken dazu gebracht werden, der (Des-)Information eine
>> besondere Authentizität beizumessen. Obwohl ich mich für relativ
>> kritisch halte, komme ich bei näherer Betrachtung zu dem Schluß, daß
>> auch ich gegen die Falle "Bilder/Grafiken = authentisch" nicht gefeit
>> bin!
>
> Auch dem stimme ich zu. Das meinte ich unter anderem, als ich schrieb,
> dass diese Infotainmentkarten schlicht nicht zum anzweifeln da sind.
> Hinzu kommt vielleicht bei Landkarten tatsächlich sowas wie eine
> "Authorität der Karte". Bis vor kurzem wäre ich z.B. nie auf die Idee
> gekommen, die Richtigkeit der Karten in meinem alten Diercke Weltatlas
> anzuzweifeln. Inzwischen ahne ich, dass auch der Diercke Verlag nur
> ein begrenztes Budget zur Verfügung stellt, um Daten zu beziehen und
> zu verifizieren.
>
> Prof. Philipp Heidkamp hat hierzu ein anderes Beispiel aus dem echten
> Leben: Er hatte für sein InfoDesign-Projekt "Malaria" (siehe
> http://kisd.de/~heidkamp/archiv/2002-3/Malaria/) eigentlich vor,
> statistische Informationen zur Malaria-Ausbreitung und den folgen zu
> visualisieren. Leider gab es viele wiedersprüchliche Informationen zu
> ein und demselben Sachverhalt, z.B. der Anzahl der täglich an Malaria
> sterbenden Menschen. So etwas lässt sich guten Gewissens schlecht
> visualisieren.
>
> Gruß vom
>
> Marian
>
>
>
> _______________________________________________________________________
> _____
> Archiv: http://kisd.de/~marian/interface/
>



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