Interface Design Mailingliste: [Interface] ProjectX (war Re: Interfaces für Datenstrukturen)

Autor: Marian Steinbach (marian_at_ds.fh-koeln.de)
Datum: Mon 24 Apr 2000 - 14:16:22 CEST



Bernd Schreyer schrieb:
>
> Totgesagte leben länger, so jedenfalls dachte ich mir, als ich
> bei "atlas of cyberspaces" in der rubrik "info spaces"
> http://www.cybergeography.org/atlas/info_spaces.html
> über das gute alte "projektX" (oder auch "Hotsauce")
> stolperte. Eigentlich sollte man denken: eine überzeugende
> idee, mind mapping mit der metapher des virtuellen raumes zu
> verknüpfen, da das internet ja ohnehin ein grenzenloser
> cyberspace sein soll, oder? Hochgelobt von insidern,
> besprochen in fachmagazinen, aber beim endnutzer gefloppt -
> warum?

Hallo!

Ich muss zugeben, dass ich eben erstmals über das Tool gelesen habe. Um mir eine Meinung bilden zu können, habe ich das Netscape-PlugIn (Windows) mal installiert.

Ich finde das Tool nicht besonders handlich. Wenn ich die Bedienung richtig verstanden habe (die Anwahl des "Help"-Eintrags im Menü führt ins Leere) kann man sich nur in die Masse der Objekte hinein- oder hinausbewegen (durch gleichzeitiges Mausklicken und Drücken der Strg-Taste). Ein "Panning", mit dem man aber z.B. die Ansicht seitlich verschieben kann, habe ich nicht gefunden. Man verfehlt mit der Steuerung aber sehr leicht ein anvisiertes Ziel.

> Gerade durch den direkten vergleich zum nächsten angeführten
> beispiel, dem thinkmap von plumbdesign, das unter anderem bei
> sonymusic eingesetzt wird, zeigt sich für mich deutlich das
> manko von projektX. Den vorteil einer übersichtlichen und
> sinnverwandten strukturierung, bei gleichzeitiger reduktion
> der aktuell sichtbaren datentiefe (userdefined) verspielt es
> gerade dadurch, dass es den user nötigt, sich im
> dreidimensionalen datenraum zu bewegen. Zugegeben, auch ich
> war zuerst fasziniert, doch es ist einfach zu mühselig, jedes
> mal durch den datenraum fliegen zu müssen. Ausserdem führt der
> 3D-raum wiederum zu einer zunahme der komplexität - genau das
> gegenteil des erwünschten effekts. Ferner ist es nur in der
> lage, die gegenwärtige position in abhängigkeit zu den
> umgebenden URL's darzustellen. Ein absoluter bezugspunkt (wo
> bin ich????) und eine visualisierung des beschrittenen pfades
> fehlt leider.

Machen wir uns nichts vor, mit Dreidimensionalität hat dieses Tool nichts zu tun. Nicht dass es dass sollte, aber dann hätte man auf den albernen Tunnelblick-Rahmen verzichten können, der eben den Eindruck von 3D suggerieren soll.

Zum Problem "Visualsierung des beschrittenen Pfades": Leider verlässt man bei HotSauce mit jedem Klick das Tool. Dort also, wo man auf ein Dokument trifft, ist das Navigieren erstmal vorbei. Im echten Web-Leben würde es wahrscheinlich sogar so laufen, dass man, sobald man ein Dokument gefunden hat, nur noch über Hypertext weiter navigiert (sofern vorhanden).

Neben der Bedienung steht da wohl das Problem im Raum, dass man eine Website für dieses Tool mit entsprechenden Meta-Daten ausstatten muss. Das könnte für große Sites eine wahre Herausforderung sein, der wohl durch den Nutzen kaum gerechtfertigt wird.

Die thinkmap-Anwendung von Sony kenne ich leider nicht. Kannst Du mal den URL posten?

Die von plumbdesign gemachte Ur-Anwendung der thinkmap, der visual thesaurus (http://www.plumbdesign.com/thesaurus/), stellt für mein Empfinden tatsächlich den größten Nutzen dieses Tools dar: Eine einfache, assoziative Navigation durch eine wahrscheinlich beliebig große Anzahl von "Daten-Einheiten", in diesem Fall Begriffe. Dieser Ansatz stellt glücklicherweise nicht den Anspruch, einen Weg nachvollziehbar zu machen oder eine Position im ganzen zu Visualisieren, stattdessen geht es bewusst mit der Begrenzung des Horizonts um.

Das ist übrigens ein Prinzip, dass ich auch bei rein textbasierter Navigation auf Websites normalerweise sehr nützlich finde. Wollte man dort immer die gesamte Site in einem Menü anzeigen, wäre die Übersichtlichkeit dahin. Stattdessen reicht es in der Regel vollkommen aus, die die nächst höhere Ebene und die aktuelle Ebene im Menü abzubilden. andere Navigationsprinzipien soltlen dies natürlich ergänzen, etwa der Kontext-Pfad (siehe meine letzte Mail zum Artikel "Navigational Cues...").

> Zum abschluss habe ich noch ein beispiel, wo aus begeisterung
> über die technik mal wieder mit kanonen auf spatzen geschossen
> wird. http://www.nrw-forum.de/deutsch/natur/set_3tour.html
> Eine klar strukturierte sitemap wäre hier wirklich besser
> gewesen, als dieses hyperbolische bäumchen!

Das sieht mir aus wie "Las uns mal was in DreiDeh machen!". Es gäbe wohl kaum eine aufwendigere und sinnlosere Möglichkeit, eine normalerweise überschaubare Anzahl von Dokumenten (un)zugänglich zu machen. Das I-Tüpfelchen ist die Tatsache, dass feinteilige Typo (auch noch mit Serifen!) mit einem VRML-Viewer kaum erkennbar ist.

Schönen Gruß vom

Marian



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