27.5.1946 – 01.05.2021
In tiefer Trauer und mit großem Respekt nehmen wir Abschied von einem außergewöhnlichen Menschen. Prof. Dr. Michael Erlhoff ist am 1. Mai im Alter von 74 Jahren verstorben.
Wir verlieren einen kritischen Geist und rastlosen Vordenker, der das Design und das Designstudium nachhaltig geprägt hat. Einen Lehrer und Forscher, der die Schubladen der fachlichen Disziplin sprengte, neue Blickwinkel und Perspektiven aufzeigte, aber auch ein kritisches Bewusstsein und die Übernahme von Verantwortung forderte.
Einen Menschen, der Menschen zusammenbrachte.
Michael Erlhoff studierte und promovierte an der Universität Hannover in Deutscher Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte und Soziologie. Parallel arbeitete er als Regieassistent am Staatstheater und war schließlich einige Jahre wissenschaftlicher Assistent an der Universität Hannover. Gemeinsam mit Uta Brandes gab er die Zeitschrift „zweitschrift“ heraus und war Chefredakteur der Kunstzeitschrift „K“.
Über zehn Jahre verantwortete er den »Kurt Schwitters Almanach«. Durch die Auseinandersetzung mit diesem Künstler und Grafikdesigner, fand Michael Erlhoff erste Berührungspunkte zum Design, bevor er von 1985 bis 1990 Geschäftsführer und fachlicher Leiter des »Rat für Formgebung« in Frankfurt am Main wurde.
Als Mitglied des Beirats der »documenta 8« und als Kurator vielzähliger Ausstellungen, Symposien und Konferenzen verschaffte er einem erweiterten Verständnis von Design – als undisziplinierte Disziplin und umfassende Gestaltung von Alltagskultur – gesellschaftliche Wahrnehmung und Anerkennung.
1991 wurde er als Gründungsdekan des „Kölner Fachbereich Design“ (der heutigen KISD; Köln International School of Design der TH Köln) berufen, wo er bis 2013 als Professor für Designtheorie und -geschichte forschte und lehrte. Von 2002 bis 2006 leitete er als Dekan die Fakultät für Kulturwissenschaften an der Fachhochschule Köln. Parallel zu diesen Verpflichtungen arbeitete er als Gastprofessor an zahlreichen internationalen Hochschulen. 2016 wurde er von der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig zum Honorarprofessor ernannt.
Neben seinen Seminaren, Vorlesungen und Publikationen zur Designgeschichte und -theorie, arbeitete Michael Erlhoff mit seinen Studierenden in vielzähligen Projekten an gesellschaftlichen Fragestellungen. Darin transformierte er Theorie in soziale Praxis und Praxis wiederum in Theorie. So war ein »Waschmaschinen-Konzert«, unter dem mittelalterlichen Torbogen des Kölner Rudolfplatzes, ein außergewöhnliches Event, aber auch eine eindringliche Kritik am gängigen Produktdesign, am Konsum und der Wachstumsökonomie. Durch die nicht minder spektakuläre Platzierung eines »Asyl-Containers«, direkt vor dem Kölner Dom, forcierte er die stadtgesellschaftliche Debatte um das Recht auf Asyl und appellierte mit seinen Studierenden für Empathie und Menschlichkeit. In seinem Essay »Nutzen statt besitzen« positionierte er das Design bereits Anfang der 90er Jahre inmitten ökologischer Debatten und nahm weitsichtig das vorweg, was heute mit dem Schlagwort »Sharing Economy« bezeichnet wird.
Als Mitinitiator des Lucky Strike Junior Design Awards oder des Köln Design Preises verschaffte er jungen Designabsolvent*innen Sichtbarkeit und Renommee.
Design war für Michael Erlhoff immer ein weltumspannendes Thema. Als globaler Design-Botschafter initiierte er weltweite Partnerschaften und unterstützte als gefragter Gesprächspartner und Berater die Gestaltung von Studiengängen und -programmen in Australien, China, Hong Kong, Japan und den USA.
Die von ihm gelebten Netzwerke und Freundschaften führten eine Vielzahl von namhaften Gastdozent*innen aus der ganzen Welt an die KISD und machten Köln zu einem Ort des internationalen Austauschs. Das europäische Masterprogramm (MEDes), das die KISD seit über 20 Jahren eng mit Designhochschulen aus mittlerweile sechs Ländern verknüpft, das BA-Studium mit einem Anteil von nahezu 50 Prozent international Studierender sind lebendige Belege für ein Designverständnis, das keine Grenzen kennt.
Michael Erlhoff hat Generationen von Gestalter*innen geprägt, offenes Denken und Handeln gefördert sowie eine kritische Haltung und die Übernahme von Verantwortung gefordert.
Die Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Absolventinnen und Absolventen der KISD blicken mit großem Respekt und Dankbarkeit auf Michael Erlhoff, sein Leben und sein Wirken zurück.
Wir alle trösten uns mit dem Gedanken, dass seine Weltoffenheit, seine Klugheit und seine Freundlichkeit in seinen Studentinnen und Studenten weiterleben wird.
Danke Michael.