*1969, Reiseführer. Studium an der Kunstakademie Düsseldorf. Tätigkeit als Schäfer sowie in Architekturbüros in Köln und Bonn. Seit 1997 führt er mit seinem „Büro für Städtereisen“ Einheimische und Touristen durch die Grauzonen unserer Ballungsräume. Dabei stellt er durch ausgefeilte Raumfolgen landschaftliche Zusammenhänge für ansonsten als extrem disparat geltende Umgebungen her. Aus seinen Erkenntnissen entwickelt das Büro für Städtereisen – neben dem touristischen Angebot der Reisen – Visionen und weiterführende Interpretationen der erforschten Umgebungen und speist diese in die Raumplanung und den Kulturbetrieb ein.
Lehraufträge u.a. in Nantes, Leipzig, Kassel, Portland, Maastricht, Hamburg. Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen in Deutschland, Frankreich, Schweden und den USA. Lebt in Köln.
Abstract
Das Wunder von La Cayolle
Tief im Süden von Marseille, zwischen dem neuen Nationalpark „Les Calanques“ und den Vierteln der Marseiller Bourgeoisie, liegt das aus einem Flüchtlingslager hervorgegangene Quartier La Cayolle. Der Name ist in Marseille zugleich ein Synonym für soziale Misere. Im Rahmen des Programms mit dem zweifelhaften Namen „Quartiers Créatifs“ der europäischen Kulturhauptstadt Marseille Provence 2013 waren Stefan Shankland aus Paris, Erik Göngrich und Benjamin Förster-Baldenius aus Berlin sowie Boris Sieverts aus Köln eingeladen, dort mit der Bevölkerung ein künstlerisches Projekt zu erarbeiten. So fragwürdig die Aufgabenstellung und der Rahmen waren, so faszinierend waren die Einblicke in die Zusammenhänge zwischen Landschaft, Stadtentwicklung und Biografien, die sich den in regelmäßigen Abständen anreisenden Künstlern und Architekten boten. In einem zweijährigen Sichherantasten an die Fragestellungen, Potentiale und Realisierungsmöglichkeiten in dem äußerst heterogenen und von unterschiedlichen Interessengruppen beanspruchten Territorium gelang es, zumindest vorübergehend, Momente des Miteinander herzustellen, die Marseilleexperten für so gut wie unmöglich gehalten hatten. Welche Haltungen und Strategien und besonders welche glücklichen und kaum steuerbaren Umstände dabei mitwirkten, davon berichtet Boris Sieverts aus seiner persönlichen Perspektive.