Die Frage nach der Seele ist so alt wie die Menschheitsgeschichte selbst und so weitläufig wie es theologische und philosophische Debatten in allen Teilen der Welt nur sein können. So manch einer hält die Frage nach der Seele von Menschen oder gar von Objekten beziehungsweise die Frage nach dem Verhältnis von Körper und Seele für metaphysische Spekulation, welche jeder empirischen Grundlage entbehrt. Andere wiederum identifizieren in der Frage nach der Seele ein reines Scheinproblem, welches nur ein weiterer Beleg für unsere Unfähigkeit sei, die Welt kognitiv und sprachlich zu fassen.

Man könnte also die Frage nach einer beseelten Welt in den Sphären religiöser oder philosophischer Wahrheitssuche oder in den Tümpeln sprachlicher Unzulänglichkeiten belassen, würde nicht an Designerinnen und Designer zuweilen die Anforderung herangetragen, sie mögen doch – durch Ihre Gestaltung – den Dingen eine besondere Magie verleihen, ihnen eine Seele einhauchen. Und tatsächlich finden sich immer mal wieder Dinge, welche uns – über ihre Nützlichkeiten und ästhetischen Eigenschaften hinaus – vermuten lassen sie würden über so etwas wie eine Seele verfügen.

Genügend Grund also um der Frage nach der Seele nachzuspüren.

So wurde im Wintersemester 2011/2012 durch Professor Günter Horntrich eine Projektreihe initiiert (siehe Vorlesung). In dieser sollte – einem Staffellauf gleich – in nahezu allen Lehrgebieten der KISD das Thema »Die Seele der Dinge« bearbeitet werden.

Die Integration unterschiedlicher lehrgebietlicher Perspektiven auf die vielfältigen Designthemen ist eine Besonderheit der Köln International School of Design und sollte in dieser Projektreihe voll zum Tragen kommen. Begleitet wurden die Projekte durch spannenende Gastvorträge. So referierten der Künstler Lutz Fritsch über die „Seele der Linie“, Carl Friedrich Hecker (TÜV Rheinland) über die „Die Seele in der Technik“, Prof. em. Dr. Friedrich Wolfram Heubach nam die Studierenden mit auf einen Streifzug durch „Das bedingte Leben“ und schliesslich sprach Pfarrer Dominik Meiring über „die Seele“ selbst.

Vor dem Beginn der einzelnen Wochenprojekte wurden Interviews durchgeführt, um erste Ausgangspositionen zu bestimmen. Ein Großteil der Befragten stimmte darin überein, dass es sich bei der Seele der Dinge keineswegs um eine wesenhafte Objekteigenschaft (Ontologie), sondern vielmehr um Projektionen und Interpretationen der Nutzerinnen und Nutzer handeln mag. Inwiefern diese Prozesse durch den Gebrauch oder durch die gestalterische Antizipation von Nutzungsformen bestimmt werden, war dann auch eine der zentralen Fragestellungen für die einzelnen lehrgebietlichen Projekte.

Hierin wurden dann ganz unterschiedliche Untersuchungsmethoden erprobt und eine Reihe von Experimenten durchgeführt. Die Bandbreite reichte von morphologoischen Studien zu zerstörten und deformierten Alltagsgegenständen, über Experimente mit Schusswaffen und Kuscheltieren, bis hin zu Interventionen im urbanen Umfeld. Es wurden fotografische, filmische und typografische Beiträge und Installationen gestaltet,  es wurde über die Seele der Stadt reflektiert (Prof. Iris Utikal, Prof. Michael Gais), der Seelengehalt von Objekten mittels Umfragen evaluiert (Prof. Birgit Mager), der „Fetischcharakter der Ware“ untersucht (Prof. Dr. Oliver Baron), die symbolischen Gebrauchsformen und sozialen Distinktionspotentiale wie Exklusivität und Individualität analysiert (Prof. Wolfgang Laubersheimer) aber auch humoristische Varianten waren Gegenstand der vielfältigen Ausarbeitungen, wie die Inszenierung einer Verschwörung der besselten Dinge gegen die Menschen (Prof. Dr. Uta Brandes).

Wie zu erwarten war, wurde in keinem der Projekte so etwas wie eine Seele der Dinge gefunden. Es zeigten sich aber – trotz der sehr unterschiedlichen Untersuchungsgegenstände und der heiteren Leichtigkeit, welche die Arbeitsatmosphäre der Projekte kennzeichnete – Übereinstimmungen in den Methodiken und Herangehensweisen. Es wurde über alle Projekte hinweg deutlich, wie bedeutend mehrdimensionale Analysen und phantasievolle Antizipationen des Gebrauchs für den Designprozess sein können – selbst wenn man nicht den Anspruch erhebt man könne den Dingen durch ihre Gestaltung eine Seele einhauchen.

 

 

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