Über den Informellen Urbanismus hinaus: Lernen von der unsichtbaren Stadt

Städte sind dann zukunftsfähig, wenn eine vielgestaltige kreative Stadtgesellschaft zentraler Akteur der Entwicklung ist. Und tatsächlich übernehmen vielerorts selbstbewusste zivilgesellschaftliche Gruppen neue Aufgaben. Diese wachsende Akteursvielfalt bereichert die Stadt, macht jedoch zugleich Stadtentwicklungsprozesse immer komplexer und erzeugt Unsicherheit bei Verwaltungen und Politikern, die sich noch zu häufig als Steuerungsinstanzen verstehen. Die alten hierarchischen Modelle von Top-down und Bottom-up geraten in Bewegung, die Rollen werden neu verteilt und neue Formen der Kooperation erprobt.
Im Vortrag wird am Beispiel eines Projekts aus Hannover gezeigt, wie zivilgesellschaftliche Akteure zur Entwicklung einer offenen Stadt beitragen können, die im Sinne von Richard Sennett »unvollständig, fehlgeleitet, konfliktreich und nichtlinear ist«. Ausgehend von der temporären Aneignung einer Brachfläche zeigt sich, welche Wirkungen informelle Projekte haben können und welche Prinzipien der »unsichtbaren« Stadt unverzichtbar für eine nachhaltige Entwicklung sind. So entsteht das Bild einer anderen Stadtentwicklung, mit neuen demokratischen Formen, einer fluideren Steuerung und mit vielfältigen Zugängen zum städtischen Raum.

Stephan Willinger, Studium der Raumplanung an den Universitäten Dortmund und Berlin sowie der Baukunst an der Kunstakademie Düsseldorf. Danach Stipendiat am Bauhaus Dessau mit einer Arbeit zum Narrativen Urbanismus. Seit 2002 Stadtforscher im Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung in Bonn. Projektleitung Nationale Stadtentwicklungspolitik. Vielfältige Forschungsarbeiten zu Informellem Urbanismus, Partizipation und Zivilgesellschaft. Er publiziert, hält Vorträge und lehrt an der TU Dortmund im Masterstudiengang Raumplanung Informellen Städtebau.