Studium der Raumplanung an den Universitäten Dortmund und Berlin sowie an der Kunstakademie Düsseldorf. Stipendiat am Bauhaus Dessau mit einer Arbeit zum Narrativen Urbanismus. Seit 2002 Stadtforschung im Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Bonn. Projektleitung Nationale Stadtentwicklungspolitik. Forschung zu Informellem Urbanismus, Partizipation, Zivilgesellschaft und öffentlichem Raum.

Abstract

Informeller Urbanismus. Ein anderer Blick auf Stadtentwicklung

Immer öfter werden in unseren postindustriellen Städten konventionelle Top-Down-Planungsansätze mit ihren tradierten Akteurskonstellationen hinterfragt. Aktuelle Konzeptionen urbaner Governance begreifen die Produktion von Räumen daher nicht länger als Ergebnis von Planungen einer Stadtverwaltung. Städtische Räume entwickeln sich als Konglomerat von in weiten Teilen informellen Prozessen, durch Eigeninitiative von unternehmerischen und zivilgesellschaftlichen Akteuren. Der Begriff “Informeller Urbanismus” nimmt dies auf und beschreibt eine Raumproduktion und Raumnutzung, die im städtischen Alltagsleben wurzelt und ihre Anlässe weniger in der Anbindung an formelle Planungsverfahren als in der Befriedigung praktischer Bedürfnisse hat. So wird eine Gegenperspektive zum üblichen Planerblick formuliert und auf die Fülle an Aktivitäten fokussiert, die zur Stadtentwicklung zwar beitragen, ihr aber bislang kaum zugerechnet oder als sinnvolle strategische Bausteine anerkannt wurden.
Stephan Willinger rückt in seinem Vortrag das übliche Verständnis zurecht, Stadtentwicklung in Deutschland habe zivilgesellschaftliche (informelle) Aktivitäten bereits integriert. Er zeigt, dass die Vielstimmigkeit heutiger Stadtentwicklungsakteure für Verwaltungen weiterhin eine große Herausforderung darstellt und systematische Verknüpfungen zwischen formeller und informeller Sphäre bislang nur fallweise hergestellt werden. Es entsteht der Entwurf einer neuen Stadtentwicklungspolitik, die sich strategisch für die Potenziale des Informellen öffnet.