Maayan Reiters Intermediate „Shut-Up and Listen“ zeigt einen Videotanz, der ein universelles Bedürfnis aller Menschen darstellt – das Bedürfnis, gehört zu werden. Zwei Menschen führen einen Dialog in Wort und Tanz.

Der Videotanz wird im Rahmen des Moovy Tanzfilmfestivals am Sonntag, 24. April 2022, um 19 Uhr im Filmforum im Museum Ludwig aufgeführt.

Link: https://www.moovy-festival.com/movies-22/?lang=en

Das Festival auf Instagram: @moovyfest

Wenn wir Schmerzen haben, kann allein die Tatsache, dass eine andere Person uns einfühlsam zuhört, einen Unterschied machen. Wenn wir diese Art des Zuhörens nicht erfahren, sind die Schmerzen am Ende größer als zuvor. Mit dem Videotanz wollte Maayan Reiter die Bedeutung gegenseitger Verbindung unter Menschen darstellen und zugleich zum Nachdenken anregen.

In ihrem Tanz “Shut up and Listen” (3’49”) befasst sie sich unter anderem mit diesen Fragen:

Wie können wir unsere Körper einsetzen, um unsere Fähigkeit, einander zuzuhören, zu erweitern?
Auf welche Weise kann körperliche Bewegung vermitteln, was wir ausdrücken wollen?
Wie kann Bewegung dazu beitragen, die Dynamik eines Dialogs zu verstärken und unser Bedürfnis nach Verbindung und gegenseitiger Unterstützung auszudrücken?

Bei der Untersuchung dieser Fragen stützte sie sich auf zwei Ansätze: einen theoretischen Ansatz zur verbalen Kommunikation und eine Tanzpraxis, die sich auf die nonverbale Kommunikation konzentriert. Dieses Video ist das Ergebnis ihrer Erkenntnisse darüber, wie verbale Kommunikation, die auf den Prinzipien der gewaltfreien Kommunikation (GFK) basiert, in körperliche Bewegungen der “Kontaktimprovisation” übersetzt werden kann.

Unter der Leitung von Prof. Nina Juric stellt diese Arbeit im Integrated Design Bereich Image & Motion im Rahmen des Motion Experience Lab Fragen zu Performance und Performativität. Durch Auswahl einer analog-digitalen Prozesspipeline mit audioviusell abgestimmten und erfassten Bewegungen als praxisbasierte Forschungsmethodik für Kommunikationsdesign, Choreografie und Schnitt untersucht sie diese unter Verwendung von zwei Personen, einem Dialog, Kontaktimprovisationsszenen und Motion Capturing auf einer experimentellen Zeitachse, in der der Kommunikationsdesigner auch der Performer ist.

 

 

“Shut up and Listen” – Making of

Vier Fragen an Maayan Reiter zum Making Of:

Wie haben Sie diese Arbeit konzipiert und warum?

Ich wollte erforschen, wie bestimmte Themen der verbalen Kommunikation, die auf GFK-Prinzipien basieren, in körperliche Bewegungen der Kontaktimprovisation übersetzt werden können. Die Recherche fand in einem Tanzstudio statt, wo ich diese Themen mit einem anderen Tänzer erforschte und den Prozess in Videos dokumentierte. Darüber hinaus untersuchte ich die Prinzipien des Tanzes, indem ich kreative Hilfsmittel wie Motion Capturing einsetzte, um visuell zu veranschaulichen, wie die physikalischen Gesetze der menschlichen Berührung Bewegungen ermöglichen, die allein unmöglich durchzuführen sind.

Meine ursprüngliche Idee war es, nur Bewegung und Tanz als Ersatz für verbale Sprache zu verwenden, um die Schwierigkeiten zu überwinden, die wir bei Missverständnissen und Konflikten erleben. Während meiner Recherchen wurde mir klar, dass man nicht nur den Körper, sondern auch die Stimme einsetzen sollte, um dem Betrachter eine bestimmte Idee zu vermitteln und eine Dynamik darzustellen.

Ich wollte, dass die Bewegung vollständig mit dem gesprochenen Wort in Einklang steht. Daher habe ich einen Dialog für die Tänzer geschrieben, der den Prinzipien für die gewaltfreie Kommunikation folgt. Der Tanz allein, ohne den Text, könnte von einem erfahrenen Auge für Tanz und Bewegung verstanden werden, wäre aber höchstwahrscheinlich nicht selbsterklärend für jemanden, der mit der Beobachtung von Tanz nicht vertraut ist. Also beschloss ich, eine Geschichte zu entwickeln, in der die Bewegung des Kontaktimprovisationstanzes die gesprochenen Worte verstärken und die Schönheit und Absurdität der Situation betonen sollte. Die körperliche Erkundung der Bewegung war der erste Schritt, um zu untersuchen, was es bedeutet, zuzuhören, nicht zuzuhören, gehört zu werden oder nicht gehört zu werden, und wie das Bedürfnis nach menschlicher Verbindung durch die Bewegung des Körpers demonstriert werden kann.

Wie ist es Ihnen gelungen das Thema “Körperarbeit trifft Technologie / Kontaktimprovisation vs. Postproduktion” umzusetzen?

Die Bewegungsforschung wurde unter zwei verschiedenen Aspekten durchgeführt: die physische Erkundung von Körperbewegungen im Tanz der Kontaktimprovisation und die technische Erforschung der Umwandlung eines physischen Körpers in einen digitalen Charakter mithilfe von Motion-Capturing- und Tracking-Techniken.

Um diese zu erforschen, entschied ich mich, von beiden Seiten des Bildschirms aus zu arbeiten – sowohl als Regisseur/Choreograf als auch als einer der Tänzer des Duos. Auf diese Weise konnte ich so präzise wie möglich sein, um das zu finden, wonach ich suchte, da ich es auf direktem Weg physisch suchen konnte. Da der gesamte Tanz gefilmt und in einem zweidimensionalen Video gezeigt wird, musste ich den Raum, den wir benutzen, und die Blickrichtungen, in die wir schauen, definieren. Um Klarheit für den Betrachter zu schaffen, befand sich jeder der Tänzer auf einer anderen Seite des Bildes. Wir bewegten uns nicht, sondern blieben an einer Stelle und schauten diagonal zur Kamera. Das Ziel war, dass sich der Betrachter auf die Bewegungen und die Verbindung zwischen den beiden Tänzern konzentriert.

Wie und mit welchen Tools/ welcher Software haben Sie im Motion Experience Lab praktisch gearbeitet?

Während der Arbeit am Intermediate-Projekt habe ich auch am technischen Seminar “Creative Technology & Motion Tracking @ MXL” teilgenommen und konnte die Arbeit mit der Motion-Capture-Technologie testen und erlernen sowie eine Figur für visuelle Effekte in Unity erstellen.

Ich habe die neue Ausrüstung von OptiTrack im MXlab verwendet, die eine Reihe von acht Tracking-Kameras, einen Körperanzug mit Sensoren und eine Motion-Capture-Software namens Motiv umfasst. Ein Tänzer trug einen Anzug mit Sensoren, so dass seine Bewegungen von den Kameras verfolgt und von der Software erfasst werden konnten. Später wurden diese Bewegungsdaten in Unity verwendet, um einen VFX-Charakter zu erstellen, der sich genau so bewegt wie der Tänzer. Im Kurs habe ich gelernt, wie man die VFX-Figur mithilfe des VFX-Graphen bewegt und in Unity animiert.

Außerdem habe ich die Bewegungen mit Microsofts Azure Kinect erfasst, einer Kamera, die Tiefen- und fortschrittliche KI-Sensoren für Computer Vision verwendet. Ich habe Azure Kinect verwendet, um eine Punktwolke aus dem Tiefenbild zu erstellen, während ich visuelle Effekte implementierte und sie in Echtzeit auf die sich bewegenden Charaktere aufnahm.

Bei der Endbearbeitung wurden die VFX-Szenen, die Sie ursprünglich produziert hatten, entfernt. Was hat Sie zu der Entscheidung gebracht, diese Szenen wegzulassen und einen Re-Edit zu machen?

Ursprünglich gab es in meinem Intermediate-Projekt zwei getrennte Teile: den Tanz vor der Kamera und die VFX-Szene. Ich wusste, dass der erste Teil des Tanzes vor der Kamera meine Recherchen vollständig abdecken würde und dass ich das gewünschte Ergebnis erreichen könnte.

Da es sich bei dem Intermediate-Projekt jedoch noch nicht um meine Abschlussarbeit handelt, sah ich es auch als eine Gelegenheit, zu experimentieren und neue, mir unbekannte Gebiete kennenzulernen – eher als eine Art Treppenhaus denn als Endziel für die Entwicklung meiner Fähigkeiten als Designer.

Ich war sehr gespannt darauf, die neuen Geräte für Motion Capturing und Tracking im MXlab kennenzulernen und zu benutzen, und sie passten sehr gut zu meinem Konzept, obwohl ich vorher keine Erfahrung oder Kenntnisse damit hatte. Ich wusste, dass es eine große Herausforderung sein würde, das angestrebte visuelle Ergebnis zu erzielen, und dass es in der mir zur Verfügung stehenden Zeit scheitern könnte. Meine Idee war es, eine der Figuren in eine digitale Figur umzuwandeln, um das Bedürfnis nach Verbindung nicht alleine durch physische Berührung, sondern auch durch Metaphern zu vermitteln. Es war klar, dass dieses Vorhaben zu ambitioniert sein würde, aber ich hielt es dennoch für eine großartige Gelegenheit, um zu experimentieren und diese Technologien auch in Zukunft weiter zu erforschen, auch wenn das Ergebnis nicht “perfekt” sein würde.

Mit dem Resultat, das ich in der Zwischenprüfung vorlegte, erreichte ich eine Lösung, die alles enthielt, was geplant war, einschließlich der VFX-Szene. Ich war mit der VFX-Szene in Anbetracht der Zeit, die ich hatte,  zwar zufrieden, doch sie war für meinen Geschmack visuell nicht professionell genug, um sie zu veröffentlichen. Nach der Prüfung habe ich eine Pause eingelegt und danach das Ergebnis mit neuen Augen betrachtet. Ich habe dann das Video so umgeschnitten, dass es dem Inhalt am besten dient.

Vielen Dank, Maayan, für die Einblicke in Ihr Konzept und Ihren Gestaltungsprozess und viel Spaß mit Ihrem Clip auf dem Festival!

Eine Dokumentation des Intermediates finden Sie hier.

 

Credits:

Regie & Choreographie: Maayan Reiter

Tanz: Roni Sagi / Maayan Reiter

Text & Vertonung: Roni Sagi / Maayan Reiter

Schnitt: Maayan Reiter

Köln International School of Design – KISD / Integrierte Gestaltung

Abteilung Bild und Bewegung

Betreut von Prof. Nina Juric /

Produziert im Rahmen des Motion Experience Lab

 


Details

  • Address Bischofsgartenstraße 1
  • City Köln
  • Post Code 50667

Date 24. April 2022

Time 7:00 pm - 9:00 pm

Finished