In dem KISD-Projekt „Mustererkennung“ unter der Leitung von Prof. Dr. Carolin Höfler ging es genau darum: Wo gibt es Muster, wie entstehen Muster, wie sind sie strukturiert, wie werden sie erkannt, und wie können sie entworfen werden? Zunächst hat sich die Projektgruppe über die Lektüre einschlägiger Texte (von Adolf Loos’ Ornament und Verbrechen bis zu Farshid Moussavis The Function of Ornament) dem Thema angenähert und Vorstellungen von Ornament, Muster und Struktur diskutiert. Aufgeteilt in Teams erforschte sie dann verschiedene Strategien der Musterbildung.
Drei Teams untersuchten typische Bewegungsmuster im urbanen Raum. Hierzu verwendeten sie das Simulationsprogramm „Space Syntax“ als Basis ihrer gestalterischen Erkundung. Mithilfe des Programmes lassen sich menschliche Orientierungs- und Verhaltensmuster in gebauten Räumen anhand von festgelegten Kriterien visualisieren und so Hierarchien von Bewegungen darstellen. Die beiden Studierenden Christina Fröhling und Christian Weeke haben auf diese Weise den Kölner Chlodwigplatz analysiert. In ihrer Recherche des konkreten Ortes haben sie festgestellt, dass das Programm bestimmte Einflüsse auf den Prozess der Wegfindungen und Wegentscheidungen nicht berücksichtigt. Daher haben sie weitere Kategorien gebildet, mit denen die Ergebnisse von „Space Syntax“ differenziert und präzisiert werden konnten. Hierzu zählen etwa die Art der Verkehrsanbindung, bevorzugte Wegstrecken von Passanten und Hierarchien zwischen Fußgängern. Im nächsten Arbeitsschritt gestalteten die Studierenden ein drei-dimensionales Modell des Chlodwigplatzes, das von gespannten Fäden überzogen war, welche an Nägeln fixiert wurden. Die unterschiedlichen Fadenmuster veranschaulichten die verschiedenen hierarchisch organisierten Bewegungen von Straßenbahnen, Autofahrern, Radfahrern und Fußgängern.
Drei andere Teams beschäftigten sich mit dem manifestartigen Buch A Pattern Language (1977) des österreichisch-englischen Architekten und Systemtheoretikers Christopher Alexander. Alexander ging es darum, unterschiedlich komplexe Architekturaspekte und -strukturen logisch zusammenzuführen, um lebendige Lebensräume gestalten zu können. Hierzu unterteilte er die verschiedenen Strukturen in sogenannte Entwurfsmuster und verknüpfte sie untereinander. In grafischen und plastischen Netzwerk-Systemen analysierten und hinterfragten die Studierenden Alexanders Mustersprache als mögliches Gestaltungswerkzeug für Designerinnen und Designer.
Zwei andere Teams setzten sich mit Wahrnehmungsphänomenen auseinander, die auf der Bildung von Mustern beruhen. Ausgehend von den programmatischen Texten über Strukturen natürlicher und artifizieller Herkunft (1965/66) des ungarisch-amerikanischen Gestalttheoretikers György Kepes entwickelten die Studierenden Zeichnungen und Objekte, die das Verhältnis von Muster und Umgebung, Fläche und Raum erforschten. Die Arbeit von Enis Akiev und Sascha Haus definierte hierbei die Bewegung des Betrachtenden als Voraussetzung für die Erzeugung und Wahrnehmung von Mustern.
Die letzten zwei Teams verglichen analoge und digitale Verfahren der Ornamentbildung und fragten nach den Unterschieden und gestalterischen Konsequenzen. Ein zentraler Unterschied besteht darin, dass mechanische Produktionsweisen serielle Strukturen aus Gleichteilen erlauben, wohingegen digitale Verfahren die Erzeugung rhythmischer Strukturen aus variierenden, interaktiven Elementen ermöglichen. Mit Letzteren setzten sich Julius Tüting und Paul Jürgens auseinander, indem sie ein parametrisches Computermodell entwarfen, bei dem nur die Elementbeziehungen, nicht aber die Elementformen festgeschrieben waren. Beispielhaft visualisierten sie ein solches Beziehungsmodell mit einem Gefüge aus Holzstäben und -knoten. Flora Karger und Christoph Schnedler beschäftigten sich mit den Möglichkeiten digitaler Fertigungstechniken und gestalteten mithilfe der KISD-eigenen Laserschneidemaschine Papiermuster, die über Perforation und Faltung in dreidimensionale Strukturen verwandelt werden konnten. Ziel war der Entwurf mobiler Raumbegrenzungsflächen, die materiell leicht und durch die musterartige Behandlung zugleich stabil sein sollten.
Das Projekt über Muster hat höchst unterschiedliche und individuelle Erkenntnisse befördert und verschiedene gestalterische Untersuchungsmedien von Handskizzen über digitale Zeichnungen bis hin dreidimensionalen, physischen Modellen zum Einsatz gebracht. Wenn wir also das nächste Mal durch die Stadt laufen, sollten wir uns daran erinnern, wie sehr unsere Umwelt aus Mustern besteht, und welch großen Einfluss Designerinnen und Designer auf die Gestaltung der Muster haben können. [kisdb item_id=”1033″stringstring][kisdb item_id=”998″][kisdb item_id=”1034″stringstring][kisdb item_id=”1035″stringstring] [kisdb item_id=”1036″stringstring] [kisdb item_id=”1037″stringstring] [kisdb item_id=”1039″stringstring][kisdb item_id=”1040″stringstring] [kisdb item_id=”1041″stringstring]