In ihrer Bachelorarbeit „Rhabarbertrester – vom Reststoff zum Werkstoff” im Lehrgebiet „Design und Ökologie” hat Johanna Poncar Rhabarbertrester untersucht und ein Verfahren entwickelt, mit dem dieser Reststoff der Saftproduktion zu einer Papieralternative für Lebensmittelverpackungen verarbeitet werden kann. Ihre Arbeit hat bei der Verleihung des Kölner Design Preis 2022 den zweiten Platz belegt.

Die Deutschen sind mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 30 Litern mit Abstand die größten Saftkonsument:innen der Welt. Wo viel Saft produziert wird, fällt auch entsprechend viel Trester an. So werden die festen Pflanzenbestandteile von Obst und Gemüse, die nach dem Auspressen des Saftes übrigbleiben, bezeichnet. Wegen seiner schnellen Verderblichkeit endet dieser Reststoff hauptsächlich in Biogas- und Verbrennungsanlagen, wobei das eigentliche Potential des Tresters ungenutzt bleibt. Bei der Analyse der unterschiedlichen Trestersorten zeigte sich, dass die besonders faserige Grundstruktur des Rhabarertresters besonders vielversprechend für eine Weiterverarbeitung ist. Alleine in Deutschland fallen jährlich 4.000 Tonnen Rhabarbertrester an, für die es bisher keine sinnvolle Verwendung gibt bzw. die kostenpflichtig entsorgt werden müssen.

 

Die im Rahmen dieser Bachelorarbeit durchgeführten Versuche zeigten, dass sich Rhabarbertrester als alternativer Werkstoff zur Herstellung von Papier und dreidimensionalen Formteilen eignet. In Zusammenarbeit mit der Papiertechnischen Stiftung konnte die Realisierbarkeit der maschinellen Produktion von Papieren und Faserformteilen aus Rhabarbertrester bestätigt werden. Die dadurch ermöglichte Supplementierung eines Teils der Holzfasern der Papierindustrie erfreut sich aktuell hoher Relevanz, denn durch den Ausbau des Onlinehandels in den letzten Jahren ist der Bedarf an Holz für die Herstellung von Verpackungskartonagen für den Versandhandel rapide angestiegen. Das entwickelte Material kann nach seiner Nutzung reibungslos in den natürlichen Kreislauf reintegriert werden. Wegen seiner stoßdämpfenden Eigenschaften, der lokalen Verfügbarkeit und der Lebensmittelunbedenklichkeit eignet sich das Material aus Rhabarbertrester als Verpackungsmaterial für frisches Obst und Gemüse. Aus der interdisziplinären Zusammenarbeit mit Expert:innen der Fachbereiche Papierforschung, Landwirtschaft und der Saftproduktion wurde aus dem Trestermaterial die Erdbeerschale „fruchtpak” entwickelt. Das Konzept für die ressourcenschonende Verpackung basiert auf einer ausführlichen Analyse der Handhabung von Erdbeeren und ist an die Anforderungen aller involvierten Akteure angepasst: Vor dem Kauf sind die Erdbeeren durch den geöffneten Deckel gut sichtbar. Nach dem Kauf schützt der geschlossene Deckel von „fruchtpak” die empfindlichen Erdbeeren für den Transport und verlängert dadurch ihre Haltbarkeit.

 

Fotos © Hanna Freres
Foto Nr. 4 und 8 © Johanna Poncar