Im Mittelpunkt der Arbeit stand die Frage, inwiefern der Frau im Repräsentationssystem von Bild und Sprache eine Bildfunktion zukommt, indem sie in einer strukturellen Beziehung zur symbolischen und materiellen Form des «Bildes» selbst erscheint.

Anhand von Perspektiven der Kunstgeschichte sowie der Gender Studies wurde zunächst nachvollzogen, inwiefern die Frau u.a. auf Basis ihrer Positionierung als «das Andere» zum prinzipiell männlich gedachten Subjekt eine metaphorische Gleichsetzung mit der Objektrealität des Bildes erfährt. Die Frage nach der Bildfunktion der Frau wurde anschließend durch Perspektiven der Bildphänomenologie weiter vertieft und zugleich durch einen Schwerpunkt auf das Bildmedium Fotografie eingegrenzt. Die theoretische Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Bild, Sprache, Körper und Geschlecht mündete schließlich in der Konzeption von zwei Stillvideo-Serien.

Bilder erscheinen statisch, und dennoch begegnen sie uns als Ereignisse. Die Funktion von Bildern beschränkt sich dabei nicht etwa auf die Vermittlung einer vorsprachlichen Erfahrung, eines Gefühls oder einer Atmosphäre, sondern integriert Bilder als konstitutive Elemente von abstrakten Denk- und Erkenntnisvorgängen im Diskurs. Die gewählte hybride Form des Stillvideos veranschaulicht die Position von Bildern zwischen Stillstand und Bewegung, ihre paradoxe Existenz als Dinge, und als Ereignisse. Das Sehen von Bildern wird als Handlung hervorgehoben, die auf Sehgewohnheiten, Ritualen und Konventionen basiert.

Die zunächst wie Fotografien anmutenden Stillvideos offenbaren sich hierbei erst auf den zweiten Blick als Bewegtbilder – etwa durch das Augenblinzeln der abgebildeten Personen, das leichte Heben und Senken der Körper beim Atmen oder die sich im Wind bewegenden Pflanzen und Bäume. Die Aufnahmen beginnen dabei mit einer unkommunikativen Geste der abgebildeten Personen: Ihr Blick ist auf einen Gegenstand außerhalb des Bildausschnitts gerichtet. Doch die Blickbeziehung und Dynamik des Bildgeschehens ändert sich schlagartig in dem Moment, wo die Personen im Bild ihren Blick auf die Kameralinse richten. Der voyeuristische Betrachter fühlt sich im ersten Augenblick wie ertappt, wird er vom Beobachter doch scheinbar zum Beobachteten. Dabei verdeutlicht sich, dass die Blickbeziehung zwischen Bild und Betrachter das Verhältnis eines binären Aktiv-Passiv-Modells sprengt. Es entsteht ein neuer Verhandlungsraum, in dem sich die bestimmenden Strukturen offenlegen lassen, in denen Betrachter und Betrachtungsgegenstand eingebettet sind, und in dem sich jene Strukturen in Bewegung setzen sollen, um ein Verschieben der Objekt- und Subjektpositionen zu ermöglichen. Hierfür entscheidend ist das Aufbrechen der Regeln und Grenzen des Bildmediums Fotografie selbst, um Sehgewohnheiten und geschlechtsspezifische Blickregime zu demaskieren – und das scheinbar unausweichliche Fortbestehen der Einheit von «Frau» und «Bild» infrage zu stellen.

Kurzer Videoclip der Ausstellung: Objekt; Performanz