In Ihrer Bachelorarbeit „DE/CONSTRUCT WAR“ wirft Yvonne Lober einen akribischen Blick auf die Welt der Kriegsbilder und Kriegskartografien und deren Anwendungen im Kontext des aktuellen Krieges auf ukrainischem Boden. Dabei legt sie den Fokus auf die Untersuchung der Raumpolitik und visueller Kulturen in Kriegskartografien und rekonstruiert öffentlich zugängliche Daten, um Entwicklungen, Muster und Trends an den Frontlinien zu veranschaulichen. Ihre Areibt liefert ein vertieftes Verständnis für die Entwicklungen des Konflikts und verdeutlicht zudem die sozialen Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung. Dafür ist sie mit dem ersten Preis des Kölner Design Preises 2023 ausgezeichnet worden.

„DE/CONSTRUCT/WAR“ ist eine Forschungsarbeit im Fachbereich Designtheorie und -Forschung, betreut von Prof. Dr. Carolin Höfler. Bei der BA-Abschlussarbeit handelt es sich um eine visuelle Exploration von Frontdynamiken des ersten Kriegsjahres in der Ukraine. Zentral hierfür steht die digital vernetzte Erfassung von Angriffen auf die Zivilbevölkerung und ihre geographische Verortung unter Verwendung von OSINT (Open Source Intelligence) Daten und Quellen.

Inspiriert wurde die Arbeit vornehmlich durch mediale Beobachtungen zu Beginn der russischen Invasion der Ukraine im Februar 2022, in dem öffentlich zugänglichen Bilder zunehmend in interaktiven Karten eingebettet wurden und eine herausragende Rolle bei der Darstellung, Einschätzung und Nachverfolgung von Kriegsereignissen spielten. Jedoch war festzustellen, dass web-basierte Karten, die die Veränderungen und Dynamiken eines Konflikts veranschaulichen sollen, unterrepräsentiert sind und somit das Verständnis für Entwicklungen des Krieges ausbleibt. Um dieses Problem anzugehen, wurden verschiedenste Medienquellen – darunter Satellitenbilder, Drohnenaufnahme und veröffentlichte Bilder in sozialen Medien, sowie bereits vorherrschende interaktive Karten – analysiert, kartographisch rekonstruiert und ausgewertet, um die Veränderungen und Entwicklungen, sowie Auswirkungen in der Kriegsdynamik zu veranschaulichen.

In Anbetracht einer persönlichen Motivation, mich mit der Thematik der Auswirkungen von geopolitischen Konflikten zu beschäftigen, die auf meinem familiären Hintergrund in einer kriegsgeprägten Region beruht, fokussierte ich meine Forschung auf einen Datensatz, der bewaffnete Angriffe auf Wohngebiete umfasst. Es war mir wichtig, die Forschung mit einem klaren Fokus auf die Konsequenzen von Kriegen für die Zivilbevölkerungen zu verbinden. Diese Entscheidung ermöglichte es mir nicht nur einen tieferen Einblick in die konkreten Auswirkungen von Kriegen auf die Sicherheit der Zivilbevölkerung zu erhalten, sondern auch einen Beitrag zur Diskussion über den Schutz von Zivilisten nach internationalem Kriegsrecht zu thematisieren.

Neben der theoretischen Reflexion und Analyse, beinhaltet die Abschlussarbeit eine gestalterische Umsetzung in Form einer Installation. Hierin wird der Krieg als hochdynamischer geopolitischer Akteur diskutiert. Die Ausstellung ermöglicht die praktische Veranschaulichung meiner theoretischen Erkenntnisse und einen tieferen Einblick in die Komplexität und Vielschichtigkeit der geopolitischen Thematik. Begleitet von zeitbasierten Medien sieht sich die Arbeit als ein experimenteller Versuch bei der Offenlegung digitaler Dynamiken, um neue Blickwinkel und Ansätze zu schaffen, die das Bewusstsein für die vielfältigen Einflüsse sowie Prozesse in Konfliktregionen mit Fokus auf die Zivilgesellschaft schärft. Neben der interdisziplinären Erkenntnisgewinnung zielt die Forschungsarbeit auch darauf ab, das Bewussstein für die Schlüsselrolle des Designs in der Erforschung von geopolitischen Umständen zu schärfen und die Gestaltungsdisziplin als wesentlichen Bestandteil in der geopolitischen Forschung etablieren zu können.

Fotograf: Fabian Blum