Derzeit wird der neue fakultätsübergreifende Masterstudienschwerpunkt RAUMSTRATEGIEN erprobt, der den MA Integrated Design Research mit dem MA Architektur verbindet. Der neue Studienschwerpunkt ist an der KISD im Themencluster »Urban Intensities & Ressources« des MA Integrated Design Research angesiedelt. Wer sich als BA-Designabsolvent:in hierfür interessiert, bewirbt sich regulär für den MA Integrated Design Research. Interessierte Architekturabsolvent:innen wenden sich bitte an: marco.hemmerling@th-koeln.de
»[…] die Politik hat den Willen, die Probleme, die die Menschen plagen, zu lösen, und diese Lösungen müssen irgendwie einfach, möglichst in einem Objekt zu finden sein. Ich habe das Beispiel gegeben: Es tritt das Problem des Alterns in der modernen Gesellschaft auf, und die ›Lösung‹ ist das Altersheim […], während eine tatsächliche Bearbeitung des Problems darin liegen würde, die Gesellschaft […] aufzuklären und den Hebel da oder an verschiedenen Orten anzusetzen. Für diesen Gegensatz zum Wort ›Lösen‹ gibt es auch ein Wort […], es heißt ›Strategie‹. […] das Gegenteil der direkten Problemlösung wäre das Einleiten von Strategien, d.h. das Ergreifen von mehreren Maßnahmen, die auf verschiedenen Wegen das Ziel, das gewünschte, herbeiführen.«
Lucius Burckhardt, Wer plant die Planung? Architektur, Politik und Mensch (1974), Berlin 2004, S. 32–33.
Der kooperative Masterstudienschwerpunkt RAUMSTRATEGIEN bezieht sich auf den spatial turn. Damit wird eine seit den 1980er-Jahren diskutierte Wende in den Kulturwissenschaften bezeichnet, die den Raum (spatial = räumlich) als kulturelle Größe wahrnimmt und als Grundlage kultureller Praktiken und Ordnungen zu bestimmen sucht.
RAUMSTRATEGIEN beschäftigt sich nicht nur mit materiellen Objekten, sondern auch mit kulturellen und sozialen Prozessen und Praktiken der Nutzung, Aneignung und Transformation der gestalteten Umwelt. Besonderes Augenmerk liegt auf der Erforschung und Entwicklung der Stadt als Lebensraum – mit ihren Artefakten, ihren sozialen Milieus, ihren unterschiedlichen Kulturen, ihren Sinneseindrücken und Geschichten. Dabei rücken Handlungsräume unterschiedlicher Größe in den Fokus, mit deren Bedingungen wir uns im Maßstab 1:1 auseinandersetzen. Durch aktives Gestalten lernen wir sie kennen und erfinden neue Wege, sie für Aneignungsprozesse zu öffnen. Wir initiieren Prozesse, die den beteiligten Akteur:innen dabei helfen, mit ihnen umzugehen sowie ihre Möglichkeiten zu erkennen, zu begreifen und zu nutzen.
RAUMSTRATEGIEN untersucht die räumlichen Neuordnungen, die durch die Umbrüche in der globalen politischen Geografie, durch die Verbreitung digitaler Kommunikationstechnologien und durch die globale Zirkulation von Menschen und Gütern hervorgerufen werden. Die Grundthese ist, dass durch diese gesellschaftlichen Wandlungsprozesse die Beziehungen der Menschen zu ihren Räumen neu ausgehandelt, verändert und neu geordnet werden. Durch die Analyse solcher Transformationsprozesse will der Studienschwerpunkt einen Beitrag zum besseren Verständnis und zur Erklärung aktueller gesellschaftlicher Konflikte und Unsicherheiten leisten und – durch Architektur und Design – alternative Gestaltungen öffentlicher Räume aufzeigen. Dabei verbinden sich Körper, Dinge, Räume und Technologien in bisher unbekannter Weise und eröffnen neue Potenziale des Urbanen. Diese Möglichkeiten auszuloten und die Stadt als urbanes Gemeingut neu zu denken und zu gestalten, ist ein wesentlicher Bestandteil des Studiums.
RAUMSTRATEGIEN bezeichnet ein Feld, in dem für Designer:innen, Architekt:innen und Kulturwissenschaftler:innen neue Aufgaben entstehen und in dem zugleich auch Künstler:innen, Stadt- und Landschaftsplaner:innen und andere Professionen gestaltend tätig sind. Den Rahmen bildet dabei eine Pluralität von theoretischen und methodischen Ansätzen der Raumforschung aus Design und Architektur, Kultur- und Medientheorie, Soziologie, Stadtforschung und Geografie. Der Studienschwerpunkt verbindet systematisch künstlerisch-gestalterische mit wissenschaftlichen Methoden.
Das Spektrum möglicher Perspektiven umfasst:
• subjektive Raumwahrnehmungen und kollektive Imaginationen des Urbanen
• datengetriebene Interaktionsmodi und neue Schnittstellen zwischen Körpern, Dingen und Räumen
• Sicherheit, Kontrolle und Macht
• Strukturen sozialräumlicher Ungleichheit, Ausgrenzung und Disziplinierung und ihre Überwindung
• alternative politische Räume und Wege der Partizipation in Stadt und Gesellschaft
• Politische Architektur und demokratische Räume
• analoge / digitale Techniken zur partizipativen Aneignung und Gestaltung urbaner Räume und Prozesse
• neue Formen und Technologien der Mobilität
• Wechselwirkungen zwischen Migration und Mobilität
• urbane Praktiken des Teilens und des nachhaltigen Konsums
• gesellschaftliche Utopien für das Leben in der postfossilen Stadt
• Potenziale und Realexperimente informeller Stadtproduktion
• partizipative Ansätze der Raumaneignung
• Entstehung neuer Öffentlichkeiten und öffentlicher Räume
• Soziale Kohäsion und Diversität
Der MA-Studienschwerpunkt ist im Themencluster »Urban Intensities & Ressources« des MA-Studiengangs Integrated Design Research angesiedelt. Projekte und Seminare können in Kooperation mit Studierenden und Lehrenden der Architektur durchgeführt werden. Bitte beachten Sie die speziellen Kooperationsangebote im Semesterprogramm. Bei Interesse wenden Sie sich bitte an Prof. Dr. Carolin Höfler (carolin.hoefler@th-koeln.de) oder Daniela Meinhardt (daniela.meinhardt@th-koeln.de), Referentin für Studiengangsentwicklung.
In transdisziplinären Projekten haben die Studierenden die Möglichkeit, ihre Forschungen und Entwürfe gemeinsam mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie kulturellen, zivilgesellschaftlichen und städtischen Partner:innen zu erarbeiten und wirksam werden zu lassen. Darüber hinaus wird die Möglichkeit einer transkulturellen Bearbeitung mit internationalen Partnerhochschulen eröffnet.
Der Studienschwerpunkt ist in ein attraktives wissenschaftliches Umfeld eingebettet, zu dem die TH-Forschungsstelle »Echtzeitstadt« und das Promotionskolleg NRW mit seinem Schwerpunkt »Bau und Kultur« gehören. Die Masterabsolvent:innen aus Design und Architektur haben die Möglichkeit, ein Dissertationsprojekt im Schwerpunktbereich »Raum und Kultur« des Promotionskollegs NRW anzuschließen.
Kernteam
Prof. Marco Hemmerling (Fakultät Architektur, Computational Design in Architecture)
Prof. Dr. phil. Carolin Höfler (Fakultät für Kulturwissenschaften, Designtheorie und -forschung)
Prof. Dr.-Ing. Michel Müller (Fakultät Architektur, Künstlerisch-Experimentelles Gestalten und Entwerfen)
Prof. Dr.-Ing. Nadine Zinser-Junghanns (Fakultät Architektur, Conceptional Architecture and Design)
Bild: Rirkrit Tiravanija, Nikolaus Hirsch, Michel Müller, DO WE DREAM UNDER THE SAME SKY, ARoS Triennial, Aarhus, Denmark, 2017.